Anfang 1976 gab es in der damaligen Bundesrepublik jährlich fast über 20.000 Verkehrstote bei viel geringerem Verkehrsaufkommen als heute. Deshalb wurden in dieser Zeit verschiedene Trainingsangebote für Kraftfahrer entwickelt, bei denen damals nicht selten die Fahrperfektion und die Bewältigungstechnik im Vordergrund standen.
Demgegenüber schlug das Pkw-Sicherheitstraining bereits früh einen anderen Weg ein. Zwei psychologische Hypothesen führten dazu, den Schwerpunkt des Trainings auf das Erkennen und Vermeiden von Gefahren zu legen.
1. Die von KLEBELSBERG (1971) vertretende gefühlte Hypothese eines Ungleichgewichts zwischen "subjektiver" und "objektiver" Sicherheit bei einem Großteil der Autofahrer und einer daraus resultierenden risikoreichen Fahrweise.
2. Die von WILDE (1988) formulierte "Risikokompensations-Hypothese". Trotzdem hatten auch in diesem Training Fahrtechniken zum Bewältigen von Gefahrensituationen ihren Stellenwert. Das kam zum Ausdruck in dem bis heute aktuellen Leitspruch: "Gefahren erkennen, Gefahren vermeiden, Gefahren bewältigen".
Das Ziel war und ist vorrangig, das die Trainingsteilnehmer Gefahren und Risiken erkennen. Wer die Gefahren und Risiken erkennt, entwickelt eher die Bereitschaft diese zu vermeiden. Und nur wer dabei versagt hat, muss die nicht rechtzeitig erkannte und vermiedene Gefahr bewältigen.
In Verbindung mit den fahrphysikalischen und psychologischen Gesetzmäßigkeiten sollen die Teilnehmer die Grenzen der Gefahrenbewältigung erkennen. Insbesondere soll den Fahrern bewusst werden, dass die Bewältigung einer Gefahrensituation immer ein unkalkulierbares Risiko beinhaltet und nur begrenzt möglich ist. In diesem Zusammenhang sollen die Trainingsteilnehmer erkennen, wie wichtig es ist, möglichst früh auf (sich anbahnende) Gefahrensituationen abgemessen zu reagieren. Eine frühzeitig erkannte Gefahr zusammen mit einer daraus resultierenden, der Situation angepassten Fahrweise stellt einen komfortableren Sicherheitspuffer dar als die Bewältigungsstrategie. Je später eine Reaktion erfolgt, umso schwieriger (komplexer) sind in der Regel die erforderlichen Handlungen und umso stärker ist der Erfolg der Reaktion von unkontrollierbaren Bedingungen wie Fahrbahnbedingungen und Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer abhängig.
Es tauchen aber auch unerwartete und nicht mehr vermeidbare Gefahrensituationen auf. Diese können durch eine richtige Reaktion
•eventuell noch bewältigt werden oder
•doch in ihren Folgen gemildert werden.
Zur Gefahrenbewältigung werden nach den Richtlinien des DVR nur einfache Bewegungsabläufe geübt, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in seltenen und gleichzeitig stressbelasteten Situationen auch noch abgerufen werden können. Auf das Einüben komplexer und damit schwer erlernbarer Bewegungsabläufe wird im Pkw-Sicherheitstraining verzichtet. Im Mittelpunkt des Pkw-Sicherheitstrainings stehen
•die Sensibilisierung der Kursteilnehmer für kritische Situationen,
•die richtige Einschätzung er fahrphysikalischen Grenzen eines Fahrzeugs,
•eine angemessene Selbsteinschätzung, die die Sensibilisierung für die Auswirkung verschiedener Bedingungen auf die Ausführung von Handlungsabläufen einschließt (z. B. Wie viel schneller muss gelenkt, wie viel stärker gebremst werden, wenn sich Geschwindigkeit oder Reibung scheinbar geringfügig ändern?)
•sowie die Fähigkeit, sich in andere Verkehrsteilnehmer und deren Verhalten hineinzudenken.